WOMEN WHO DAERE #10 | ÜBER PERFEKTIONISMUS MIT LIESA ESCHEMANN
EUER RAUM FÜR ZEITGEIST, WACHSTUM UND KULTUR
“Courage starts with showing up and letting ourselves be seen” ein Quote von Brené Brown, den ich vor Jahren gelesen habe. Ich kann gar nicht zählen, wie viele Dinge ich in meinen Zwanzigern gar nicht erst angefangen habe, aus Angst davor, sie nicht perfekt zu machen. Aus Angst vor der Bewertung. Aus Scham, sichtbar zu sein. Von anderen nicht als cool oder talentiert genug wahrgenommen zu werden.
Der Druck, etwas perfekt zu machen, ist für manche so groß, dass sie nie zufrieden sein können. Selbst Dinge, die einfach nur Spaß machen sollen, werden zu einer Belastung. Negativer Self-Talk ein ständiger Begleiter. Perfektionismus ist ein vermeintliches Schutzschild, dass wir uns auferlegen, um Scham zu entfliehen. Das uns Kontrolle gibt. Und uns gleichzeitig einsperrt. Vor allem aber wirkt sich Perfektionismus auf den eigenen Selbstwert aus. Ein Teufelskreis.
Ich versuche mir und anderen zu erlauben, zu wachsen, statt perfekt zu starten. Verletzlich zu sein. In manchen Aspekten auch pragmatisch. Dennoch geht es mir in vielen Teilen wie Liesa. Es gibt Sachen, die sind für mich nicht verhandelbar.
Wo endet Gewissenhaftigkeit und wo beginnt Perfektionismus? Wie viel Anspruch ist gesund? Und ab wann stehen wir uns selbst im Weg? Ich glaube die Grenzen sind fließend und jede:r von uns muss sie individuell setzen. Wie steht ihr dazu? Würdet ihr euch als perfektionistisch einschätzen?
mit viel Liebe! - Kinga Katharina
“ICH GLAUBE WIR MÜSSEN UNS SELBST EINFACH MEHR WERTSCHÄTZEN. UNVOLLKOMMENHEITEN, UNPERFEKTIONISMUS UND FEHLER SIND DOCH AUCH TOTAL SYMPATHISCH.”
—L I E S A E S C H E M A N N
Wenn man sich als junge Mutter auf die Suche nach einem schönen Body begibt, kommt man an KALUMI nicht vorbei. So bin ich letzten Sommer mit Liesa Eschemann in Kontakt gekommen. Gemeinsam mit ihrer Partnerin entwickelt die 33-Jährige gebürtige Bremerin innovative und nachhaltige Kleidung für Babies und Kids.
Wie es in einem Start Up nun mal üblich ist, verantwortet Liesa nicht nur einen Bereich, zu ihren Aufgaben gehören Kommunikation, PR, Marketing, Influencer, Social Media u.v.m. Perfektionismus hat hier nur wenig Platz! Doch auch wenn Liesa mittlerweile gnädiger mit sich geworden ist, ganz ablegen kann sie ihre perfektionistischen Ansprüche dennoch nicht. Dabei ist ihr allerdings eines wichtig: es muss ihr Leben einfacher machen, nicht schwerer.
In der Psychologie unterscheidet man heute zwischen funktionalem und dysfunktionalem Perfektionismus.
Funktionale Perfektionismus-Facetten sind z.B. hohe persönliche Standards und Organisiertheit aufgrund von Gewissenhaftigkeit. Funktionale Perfektionist:innen arbeiten sehr gewissenhaft an einem Ergebnis, verurteilen sich aber nicht, wenn Fehler passieren.
Dagegen korrelieren dysfunktionale Facetten wie leistungsbezogene Zweifel und Fehlersensibilität mit Neurotizismus und einem übertriebenen und unerfüllbaren Streben nach Fehlerfreiheit. Oft verurteilen sich diese Personen selbst und leiden unter ihren unrealistischen Ansprüchen.
LIESAS I M P U L S E ZU PERFEKTIONISMUS
#1 WERDET EUCH EUREN ERFOLGSERLEBNISSEN BEWUSST, SEID STOLZ DARAUF UND BRINGT EUCH WERTSCHÄTZUNG ENTGEGEN.
#2 SCHAFFT EUCH ERFOLGE, DIE EUER SELBSTVERTRAUEN STÄRKEN. Z.B. DURCH SPORT, ROUTINEN, GESUNDE ERNÄHRUNG ODER AUCH VERZICHT Z.B. AUF ALKOHOL ODER ZIGARETTEN. DAS STÄRKT DAS VERTRAUEN IN EUCH UND EUREN KÖRPER.
#3 KÜMMERT EUCH UM POSITIVE BEZIEHUNGEN UND MEIDET NEGATIVE UMGEBUNGEN, DIE EUCH EIN SCHLECHTES GEFÜHL VERMITTELN.
#4 SETZT EUCH (REALISTISCHE) ZIELE.
#5 HORCHT IN EUCH HINEIN UND FRAGT EUCH, WAS DAS STREBEN NACH PERFEKTIONISMUS AUSGELÖST HAT. OFT SIND ES TIEF VERWURZELTE GLAUBENSSÄTZE, DIE UNS DARAN HINDERN VERLETZLICH ZU SEIN.
#6 PROGRESS IS BETTER THAN PERFECTION: EINFACH LOSLEGEN UND TUN, STATT ALLES IM VORFELD ZU ZERDENKEN.
#7 80% REICHT OFTMALS AUS, PROBIERT ES AUS!
#8 FÜHRT EIN DANKBARKEITSTAGEBUCH.
UNSERE BUCH- UND PODCAST E M P F E H L U N G E N
DARING GREATLY - HOW THE COURAGE TO BE VULNERABLE TRANSFORMS THE WAY WE LIVE, LOVE, PARENT, AND LEAD —BRÉNE BROWN
KRANKHAFTER PERFEKTIONISMUS —ARD ALPHA
BABY GOT BUSINESS —ANN-KATRIN SCHMITZ
FAST AND CURIOUS —LEA-SOPHIE CRAMER UND VERENA PAUSDER
GEWINNT EIN PIECE VON K A L U M I
PHOTOS: MARINA VALEEVA
Das Team hinter KALUMI glaubt fest daran, als junges Modelabel eine Verantwortung zu tragen, textile Überproduktion und ihre negativen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt hinter uns zulassen. Die Vision von Liesa und Katharina ist es, alternative, praktische und zeitgemäße Lösungen anzubieten, die einen positiven Einfluss auf die Welt haben.
KALUMI entwirft innovative und nachhaltige Kids-Wear: gestartet von mitwachsenden Wolle-Seide Bodies gibt es nun auch Leggins und Rollis. Gemeinsam mit KALUMI verlosen wir ein Teil eurer Wahl!
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Mich hat das Gespräch von Kinga und Liesa in manchen Teilen ziemlich aufgewühlt, erst nach ein wenig Nachdenken habe ich gemerkt, warum – mir sind ein wenig die mit Perfektionismus verbundenen Gefahren zu kurz gekommen.
Ich sehe in meinem Job viele unterschiedliche Einstellungen zur Arbeit. Perfektionismus ist ein erheblicher Risikofaktor für Burn Out, weil es kaum möglich ist, in einem schnelllebigen Arbeitsumfeld perfekt und ohne Fehler zu arbeiten. Ein perfektes Arbeitsergebnis lässt null Spielraum für etwas anderes, weil es als vermeintlich einzige gute Lösung nicht mehr zu überbieten ist. Und das engt den Blick ein, den wir doch konstant üben sollten, zu weiten.
Auch die Fehlerfreiheit halte ich für sehr schwierig: Gerade in der Zusammenarbeit mit anderen Menschen muss eine positive Fehlerkultur bestehen, sonst entsteht Angst und Druck. Dass diese beiden Aspekte nicht förderlich sind für die psychische Gesundheit, wissen wir vermutlich alle.
Gute Organisation und Auge für’s Detail (beides habe ich selbst, teilweise sogar etwas übertrieben!) hat meiner Meinung nach nichts mit starrem Perfektionismus zu tun, ebenso wenig Professionalität im Job. Viel wichtiger, als alles perfekt zu machen, ist – denke ich – das große Ganze im Blick zu behalten und 1. Fokus und 2. Priorisieren zu lernen.
Auch abgesehen vom Job geht Perfektionismus grundsätzlich mit einem starkem Wunsch nach Kontrolle einher und den Umgang mit Kontrollverlust zu erlernen ist existenziell im wahrsten Sinne des Wortes, weil wir die wichtigsten Dinge im Leben nun mal nicht kontrollieren können.
Ein Therapeut hat einmal zu mir gesagt, dass es für Kinder überhaupt nicht gut ist, „perfekte“ Eltern zu haben, weil sie sich an ihnen menschlich nicht reiben können und auch für das spätere Leben nicht lernen, dass es auch Brüche und Schwierigkeiten geben muss, um Resilienz aufzubauen.
Wie geht es euch mit diesem Thema? Wir freuen uns wie immer auf den Austausch mit euch und eure Gedanken.
X Janina
#10 ÜBER ABGRENZUNG UND N E I N -SAGEN
Ein “Ja” zu etwas, bedeutet auch immer ein “Nein” zu etwas anderem. Dem sollten wir uns immer bewusst sein. Wie also schaffen wir es also ein “Nein” zu formulieren und uns selbst zu schützen, ohne anderen auf den Schlips zu treten? In der nächsten Episode sprechen Janina und Kinga über Abgrenzung und Nein-Sagen.
Schreibt uns eure Fragen und Gedanken dazu gern in den Comments oder an hi@daere.de.